Außergerichtliches Vorverfahren
Das Finanzgericht kann grundsätzlich erst nach erfolgloser Durchführung eines
außergerichtlichen Vorverfahrens (Einspruchsverfahrens) angerufen werden. Nur ausnahmsweise ist ein abgeschlossenes
Einspruchsverfahren entbehrlich, und zwar bei Sprungklagen (das setzt voraus, dass die Behörde der Sprungklage ohne
Einspruchsverfahren zustimmt) und bei Untätigkeitsklagen (wenn die Behörde ohne Mitteilung eines Grundes nicht in angemessener
Zeit – im Regelfall mindestens sechs Monate – über den Einspruch entscheidet) sowie bei Anträgen auf
einstweilige Anordnung. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung sind – außer bei drohender Vollstreckung –
grundsätzlich erst nach einem erfolglos außergerichtlich bei der Finanzbehörde gestellten Antrag zulässig.
Instanzenzug
Für das gerichtliche Verfahren in finanzrechtlichen Streitsachen sind – im, Unterschied zum Verfahren in anderen Gerichtsbarkeiten – nur zwei Instanzen vorgesehen. Als Eingangsgericht erster Instanz befasst sich das Finanzgericht Baden-Württemberg als oberes Landesgericht – und zugleich als einzige Tatsacheninstanz – in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht umfassend mit dem Streitfall. Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts eröffnen unmittelbar den Zugang zum Bundesfinanzhof mit Sitz in München als oberstem Gerichtshof des Bundes für Steuern und Zölle. Der Bundesfinanzhof entscheidet als Revisionsgericht grundsätzlich nur noch über die mit dem Streitfall zusammenhängenden Rechtsfragen. Eine Berufungsinstanz zur Überprüfung der Sachverhalts-Feststellungen des Finanzgerichts gibt es – anders als in den anderen Gerichtszweigen – nicht.
Rechtsmittel
Revision
Gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg steht den Verfahrensbeteiligten (dem Kläger
wie der beklagten Finanzbehörde) die Revision zum Bundesfinanzhof offen, wenn das Finanzgericht die Revision im Urteil
ausdrücklich zugelassen hat. Die Revision ermöglicht es dem Bundesfinanzhof, den gesamten Fall in rechtlicher (nicht aber in
tatsächlicher) Hinsicht nochmals vollständig zu überprüfen. In der Beurteilung des Sachverhalts (also in
Tatsachenfragen) ist der Bundesfinanzhof hingegen im Regelfall an die Beweiswürdigung des Finanzgerichts gebunden.
Nichtzulassungsbeschwerde
Ist im Urteil des Finanzgerichts die Revision nicht zugelassen worden, können die Beteiligten dagegen Beschwerde zum Bundesfinanzhof erheben (sog. Nichtzulassungsbeschwerde). Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin lässt der Bundesfinanzhof die Revision zu, allerdings nur dann, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
- die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.
Diese Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision muss der Beschwerdeführer in der Begründung seiner Beschwerde darlegen. Es reicht nicht aus, dass er lediglich geltend macht, das Urteil des Finanzgerichts sei falsch.
Gibt der Bundesfinanzhof der Nichtzulassungsbeschwerde statt, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren
fortgeführt.
Beschwerde
Gegen finanzgerichtliche Entscheidungen, die nicht Urteile sind, kann Beschwerde zum Bundesfinanzhof eingelegt werden. Ausgenommen hiervon sind allerdings eine ganze Reihe von Entscheidungen, so außer prozessleitenden Verfügungen z. B. Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über die Ablehnung von Gerichtspersonen und in Verfahren der Prozesskostenhilfe. Beschlüsse über vorläufigen Rechtsschutz sind nur beschwerdefähig, wenn das Finanzgericht die Beschwerde zugelassen hat.
Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten
In den Verfahren vor dem Finanzgericht als Eingangsinstanz muss sich der Rechtsschutzsuchende nicht zwingend durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater als Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Jeder kann seine Rechte selbst wahrnehmen, Anträge stellen und Prozesserklärungen abgeben.
Vor dem Bundesfinanzhof als Revisions- und Beschwerdegericht sind die Beteiligten hingegen verpflichtet,
sich durch einen Angehörigen der steuer- oder rechtsberatenden Berufe vertreten zu lassen (sog. Vertretungszwang). Das bedeutet, dass
grundsätzlich alle Rechtsmittel zum Bundesfinanzhof durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer,
Steuerbevollmächtigten, niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt oder vereidigten Buchprüfer oder eine entsprechende
Gesellschaft eingelegt und begründet werden müssen.