Die Umsätze einer „Geistheilerin“, die im Inland Seminare anbietet, sind steuerpflichtig. Sie sind nicht als sog. Heilbehandlungen von der Umsatzsteuer befreit, so das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 6. Juli 2016 (14 K 1338/15).
Die Klägerin mit Wohnsitz in der Schweiz bietet im Inland Seminare an, die sich mit esoterischen Praktiken befassen. Diese Umsätze erklärte sie im Inland nicht. Das beklagte Finanzamt wurde von einem Dritten über die Seminartätigkeiten informiert. Auf Nachfragen des Finanzamts erklärte die Klägerin sie erziele steuerfreie Umsätze. Ihre Tätigkeit sei mit der eines Heilpraktikers vergleichbar. Die Heilbehandlung stehe im Vordergrund. Sie sei eine anerkannte „Heilerin“. Sie biete im Wesentlichen Ausbildungsseminare, eine „mentale Rückenbegradigung“, ein Aufrichten der Wirbelsäule, spirituelle Therapien, Reiki- und Lichtgrad-Einweihungen an. Sie nehme im Wesentlichen ein „Besprechen“ (Heilgebete), ein „Clearing“ sowie ein Handauflegen vor. Ihr Entgelt orientiere sich an den Kosten des Seminarraums, ihren Reise- und Übernachtungskosten sowie der Pausenverpflegung der Teilnehmer. In ihren Rechnungen weise sie keine Umsatzsteuer gesondert aus. Das beklagte Finanzamt setzte Umsatzsteuer fest.
Das Finanzgericht entschied, dass die Umsätze aus im Inland durchgeführten Seminaren im Inland
steuerbar und steuerpflichtig seien. Die Klägerin führe keine Heilbehandlungen im Sinne des Umsatzsteuerrechts aus. Für eine
Steuerfreiheit sei erforderlich, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder
arztähnliche Leistungen erbringe und die dafür erforderliche Qualifikation besitze. Der Klägerin fehle es schon an der
erforderlichen Berufsqualifikation. Nach den Aussagen der Klägerin beruhe ihre Fähigkeit zum Heilen auf Talent und nicht auf
einer Ausbildung im eigentlichen Sinne. Im Übrigen dienten Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin der Diagnose, Behandlung und,
soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Sie müssten einen therapeutischen Zweck haben.
Umfasst seien auch vorbeugende Maßnahmen, jedoch keine Maßnahmen zu anderen Zwecken. Die Steuerbefreiungstatbestände seien
eng auszulegen und müssten mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden. Im Streitfall habe die
Klägerin keinen therapeutischen Zweck ihrer Leistungen darlegen können. Sie habe weder Diagnosen erstellt noch Krankheiten
therapiert. Den Rechnungen ließen sich keine Diagnosen entnehmen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, welche Leistungen zu welchem
Preis gegenüber
den genannten Kunden erbracht worden seien. Seminarteilnehmer seien auch Personen gewesen, die sich eine Steigerung ihres Wohlbefindens
versprochen haben. Bei den Adressaten der Seminare habe es sich um „offene Gruppen“ gehandelt. Die Teilnahme sei
voraussetzungslos und ohne vorherige Einzelgespräche möglich gewesen. Ein spirituelles Wirken erwecke nicht den Eindruck, Ersatz
für eine medizinische Betreuung zu sein. Es gehe nicht um Heilkunde.